2015 – Pferde und Kultur in Tschechien
24 WRFC-Mitglieder traten Donnerstag morgens mit Monika Lotz die Reise nach Tschechien an und erreichten am Spätnachmittag Prag, wo sie bereits von Alexandra Lotz und Lenka Gottardová, der Pferdeikone Tschechiens, erwartet wurden, die zu einem informativen und launigen Spaziergang über den Hradschin, die imposante Prager Burg, hinab durch die verwinkelte Altstadt an die Moldau und über die Karlsbrücke einluden. Anschließend ging es weiter nach Pardubice, dem Standort für die kommenden Tage.
Am Freitag stand das tschechische Nationalgestüt Kladruby nad Labem auf dem Programm, Hauptziel der Reise – 1579 als kaiserliches Hofgestüt Kladrub an der Elbe gegründet und mit seinen Altkladruber-Pferden 2002 zum Nationalerbe Tschechiens erklärt. Als der Bus um die letzte Ecke bog, sah man schon 5 Kutschen, bespannt mit 10 weißen Altkladruber-Hengsten, die auf ihre Fracht aus Wiesbaden warten. Nach kurzer Begrüßung wurden die Kutschen gestürmt, jeder hatte schon sein Lieblingsgefährt ausgemacht, und los ging es zu einer unvergesslichen Fahrt in Schritt, Trab und Galopp durch Wiesen und Wälder einer alten Kulturlandschaft, vorbei an Stutenherden mit ihren Fohlen und Jährlingen, die die Besucher im wilden Galopp und mit aufgeregtem „Geschrei“ begleiteten. Auf dem Rückweg durch das Wasserhindernis der Kladruber Marathon-Strecke waren alle restlos begeistert und verabschiedeten, zurück im Gestütshof, das Team um Ausbildungsleiter Jiří Nesvačil und seine Hengste mit großem Applaus. Der nächste Programmpunkt war eine Führung durch den gerade in Generalsanierung befindlichen riesigen Gestütskomplex. Gebäude von schlichter Würde und erhabener Schönheit mit herrlichen Gewölbestallungen – Kathedralen für Pferde. Nach einem Mittagsimbiss an der Vielseitigkeitsstrecke von Kolesa wurden uns Vertreter der 5 Schimmel-Hengstlinien an der Hand und unter dem Sattel präsentiert. Generale Pastorella VII, Generalissimus Ecrasé XLVLL, Favory Albuza XXVII, Rudolfo Enamorada VI, Generale Animosa II, Sacramoso Espada XI und besonders der schneeweiße 28jährige Sacramoso Eroica XLIII wussten die Besucher in ihren Bann zu ziehen. Nach dem Besuch des Franzenshofs, der Aufzuchtstation mit dem längsten Gewölbestall Europas, wo wir den nachmittäglichen Heimtrieb der Herden beobachten konnten, verabschiedeten wir uns schweren Herzens von einem beeindruckenden Ort mit 500jähriger Pferdegeschichte. Noch mehr Kultur stand an diesem Tag auf dem Programm, das skurrile Beinhaus von Sedlec und die denkmalgeschützte mittelalterliche Altstadt von Kudná Hora mit dem eindrucksvollen gotischen Barbara-Dom waren die letzten Anlaufstellen, bevor im Biergarten einer alten tschechischen Taverne der Tag ausklang.
Volles Programm am Samstag, zunächst Besuch im Gestüt Slatiňany, Heimat der Altkladruber Rappen. Nach einem Gang durch Stallungen und Geschirrkammer wurden bedeutende Vertreter der vier Rapplinien Sacramoso, Solo, Siglavi Pakra und Romke an der Hand präsentiert, die durch imposante Statur, lackschwarze Jacken und ihre rassetypischen, barocken Köpfe gefielen. Es folgte der Besuch einer der bedeutendsten hippologischen Sammlungen Europas in Schloss Slatiňany und ein Spaziergang durch den Schlosspark, vorbei an der großen Rappstutenherde zu einem lauschigen Picknickplatz in einem Kirschenhain. Ein romantisches Plätzchen, um sich von der Gluthitze zu erholen und über bisherige Erlebnisse zu plaudern. Der Rückweg zum Bus gestaltete sich schwierig, mehr als 100 Pferde hielten uns auf. Die glänzenden schwarzen Mutterstuten mit ihren strubbeligen Fohlen ließen uns nicht los und der Heimtrieb der Herde in die Stallungen waren das letzte Highlight. In Heřmanův Městec, dem Ausbildungszentrum Fahren für die Altkladruber Rappen, das in dem ehemaligen Jagdstall der Grafen Kinsky untergebracht ist, wurden wir schon erwartet. Der noch sehr ursprünglich erhaltene Gebäudekomplex mit der mehrgeschossigen überdachten Halle im Zentrum, der historischen Geschirrkammer und der alten Sattelkammer der Kinskys ist ein ganz besonderer Ort, der Pferdegeschichte atmet. Hier wurden uns zwei Rappen aus dem Turniergespann von Radek Nesvačil, Siglavi Pakra Montilla XI und Sacramoso Siria I 29, mit Liebe und großer Sorgfalt vorbereitet, an der Hand präsentiert. Nach einem Stopp an der berühmt-berüchtigten Rennbahn der Pardubitzer Steeple Chase wurde der Stadtbummel durch das denkmalgeschützte Zentrum von Pardubice mit seinen bedeutenden Bauten aus Mittelalter, Renaissance, Jugendstil und Kubismus nur noch von den unermüdlichsten Reiseteilnehmern absolviert, der Rest legte eine Rast im Hotel ein, bevor ein weiterer heißer Tag auf dem zauberhaften Platz im Stadtzentrum endete.
Das letzte Ziel der Clubfahrt 2015 am Sonntagvormittag war das eindrucksvolle Schloss Karlova Koruna, ehemals Sitz der Grafen Kinsky, die mit der Zucht von isabell- und falbfarbenen Renn- und Jagdpferden Furore machten. Auch dieses Schloss wartete mit einer Sammlung hippologischer Kleinodien auf, die ihresgleichen sucht. Zum letzten Mal überzeugten Alexandra Lotz und Lenka Gottardová durch engagierte und fachlich fundierte Führung durch Tschechiens Kultur- und Pferdegeschichte ihre Zuhörer.
Nach einem stimmungsvollen Abschied, natürlich mit „rosa Wasser“ machten sich von 1000 Eindrücken erfüllte WRFC-Mitglieder mit mehr als einer Träne im Knopfloch und der Frage „Wohin fahren wir nächstes Jahr?“ auf den Lippen, auf die Heimreise.